ALLEINGELASSEN

Eines Tages war das Häschen ziemlich traurig. Es hatte einfach keine Lust mehr und nichts konnte es aufmuntern. Da setzte es sich in eine Grube, in der Häschen ja bekanntlich oft und gerne sitzen, und legte die Ohren über die Augen und eine Träne kullerte über seine langen Schnurrbarthaare.

Da kam Gott, vorbei und fragte: „Sag´, was machst du denn da, kleiner Hase?“

Das sieht man doch, ich weine, weil ich traurig bin!“ erwiderte es.

Und warum bist du traurig?“

Weil ich immer so alleine bin“, schluchzte es und wischte sich mit den Vorderpfoten den Schnurrbart trocken.

Aber ich bin doch bei dir“, sagte Gott freundlich, „du weißt doch: immer!“

Das hatte ich vergessen, danke,“ sagte das Häschen, „aber man merkt es nicht immer so richtig!“

Lass uns zusammen ein Stückchen gehen!“ schlug Gott vor.

Nachdem sie freundlich plaudernd eine Weile gegangen waren, stieß sich das Häschen seine Vorderpfote an einem spitzen Stein, der auf dem Wege lag.

Aua!“ rief es. „Warum hast du mich nicht davor bewahrt?“

Ich gab dir Augen um zu sehen, Verstand und Erfahrung. Warum benutzt du sie nicht? Du weißt doch, dass auf diesem Weg immer wieder Steine liegen.“ meinte der Herr.

Nach einiger Zeit kamen die beiden an ein von Dornen überwuchertes Tal.

Komm´“, sagte das Häschen, „da kommen wir durch! Am besten, du folgst mir! Zu zweit schaffen wir es ganz bestimmt.“

Und Gott folgte ihm, als es begann, einen Weg durch die Dornen zu bahnen. Es ritzte und verletzte sich aber dabei und blieb endlich völlig erschöpft stehen und klagte: „Siehst du, was nützt mir nun deine Nähe, du hilfst mir ja doch nicht! Warum hast du überhaupt so blöde Dornen gemacht?“

Da nahm Gott das Häschen auf den Arm und sagte leise:“Habe ich dir geraten, durch die Dornen zu gehen? Ging ich dir voran? In diesem Gebüsch wohnen einige Vögel; sie haben Nester mit Jungen und ich gab ihnen die Dornen zum Schutz.“

Da verstand das Häschen und ließ sich von Gott den gleichen Weg wieder heraustragen, den sie vorher hineingegangen waren.

Das nächste Mal gehe ich lieber hinter dir!“ beteuerte es, und als es sich bei Gott bedanken wollte, weil die Schrammen kaum noch schmerzten und das Herz auch nicht mehr, war dieser schon wieder verborgen, wie meistens.

Trotzdem vielen Dank!“ rief es in den Wald hinein, obwohl der Fuß noch ein wenig wehtat.

Wie lieb er uns hat!dachte es, „Schließlich bin ich nur irgendein Hase!“ und lief humpelnd davon, als wenn die ganze Welt ihm gehörte.

Für J. Lorenz


Siehe, ich bin bei euch alle Tage
bis an der Welt Ende.
Matthäus 28, 20
©2000P.Eitner
Ich will mehr über den Glauben wissen....