Die 13. Fee


Als die Sonne sich am Himmel verneigte und ihren letzten warmen Strahlen abschickte, war es an der Zeit, dass der Feuervogel Colisu seinen lauten Ruf in den Wald erschallen ließ, um allen Lebewesen mitzuteilen, dass die Nacht von weitem schon zu sehen war. Dies war das Zeichen, das unsere kleinen Freunde zum Hause des alten Zauberers flogen, um am Fest  des tapferen Boromir teilzunehmen, dem Beschützer der letzten weißen Einhörner hoch am Mondscheinportal, welches immer nach dem Sonnenstand gefeiert wird. Wenn die Sonne durch die oberste Astgabel des Elfenbaumes scheint und auf den dicken goldenen Kirbel trifft, verwandelt dieser die kleine Waldlichtung mit dem Wasserfall und den vielen bunten Blümchen in eine wunderschöne  leuchtende Festwiese, in der sich die Tautropfen des Abends spiegeln und ein purpurnes Licht ausstrahlen, wie man es nur vom Leuchten der 1000 Smaragde her kennt. Dies ist dann das Zeichen, ins Haus zu gehen, um die Geschenke und alle Süßigkeiten herzuholen, welche man in den vergangenen Tagen gesammelt hat. Stella, die fleißigste, machte sich sofort auf den Weg. Als sie beim Haus angekommenwar, mußte sie feststellen, dass es im Inneren schon ein wenig dunkel war. Da sie aber hier wohnte, kannte sie sich ja bestens aus und griff nach dem Körbchen mit den Früchten, als ihr Blick das alte Bild des Zauberers streifte. Etwas kam ihr da komisch vor und so reckte sie ihr Köpfchen und drehte dies in alle Richtungen. Auf dem Bild war ein altes Schloß zu sehen mit einem Wasserfall, einer großen Wiese mit bunten Blüten und vielen weißen Schäfchenwolken. Doch trotz der Dunkelheit, sah es so aus, als ob im obersten Stockwerk in einem Türmchen Licht brannte. Stella rieb sich ihre kleinen Äuglein und schaute noch mal dahin. Danach mußte sie ein wenig lachen. Es waren bestimmt die letzten Sonnenstrahlen, welche sich darin spiegelten und von den Silbersplittern des Daches herableuchteten.
Fröhlich und unbeschwingt flog sie zum Festplatz und verteilte die Blütenblätter und die Haselnussbecher. Als alles auf dem Tisch stand meinte Jimmy :  “ Habt ihr keinen Honigtau?“
Doch sagte Cicil. Stella hatte ihn einfach auf dem Tisch im Hause vergessen und flog gleich noch mal zurück, um ihn zu holen. Doch was war das?   Auf dem Bild brannte diesmal im untersten Stockwerke ein Licht und oben war es aus. Dies kam ihr seltsam vor und so beschloss sie, es den anderen zu erzählen. Diese waren nun auch ein wenig neugierig geworden und flogen mit vielen kleinen Flügelschlägen zu dem Bild. Doch dies hing da wie immer und es war auch kein Licht  in irgendeinem Zimmer zu sehen. So schüttelten sie nur alle ihre kleinen Köpfchen und Tammi meinte: „Da hat sie wohl schon zuviel am Honigtau geschnuffelt!“ Traurig und mit gesenktem Kopf wollte sie auch gerade das Haus verlassen, als sie eine sonderbare Entdeckung machte. Vor dem Schloß stand auf einmal eine Kutsche, welche noch nie da stand. Sie rieb ihre kleinen Äuglein schon wieder und schaute noch sorgfältiger hin. Da waren sechs Mondscheinfalter zu sehen, die davor gespannt waren und es sah so aus, als ob sie auf etwas warteten. Mit einem Male leuchtete der gesamte Innenhof  des Schlosses und das Schlosstor ging auf und ein wunderschönes Mädchen mit einem weißem Kleid  stieg in die Kutsche und flog davon. Die Mondscheinfalter drehten sich und sie war im Hintergrund des  Bildes verschwunden. Cicil stand da mit offenem Mund und konnte vor lauter Staunen kein Wort hervorbringen.  Wie war dies bloß möglich dachte, sie immerzu.

Der Zauberer hatte sie schon vermißt und stand mit einem mal in der Tür. Er wusste schon, was Cicil ihn fragen wollte, er kam ihr aber zuvor. Weißt du, Cicil , meinte er, dort im  Bild  wohnt die dreizehnte Fee! Die dreizehnte Fee? meinte Cicil etwas neugierig. Ja sagte der alte Zauberer, sie lebte vor langer Zeit im Walde beim Wüstenkönig. Als sie aber alle Bäume zu Sand verzauberte und nur noch Unsinn trieb, sagten sich die anderen zwölf von ihr los. Sie lebte allein und wollte sich an den anderen rächen und sprach einen bösen Fluch aus. Da sie aber den anderen Feen nichts anhaben konnte, denn einer Fee kann eine andere nicht verzaubern, muß sie nun so lange dort im Bild leben, bis die Bäume in der Wüste wieder nachgewachsen sind und sie uns überzeugt hat, dass sie sich geändert hat und nicht mehr mit Lügen und ihrer Boshaftigkeit hier Schaden anrichten kann.

An einem Tag im Jahr kommt sie zu uns, um uns zu erzählen, was sie in ihrer Welt Gutes getan hat. Der Tag ist heute, und um Mitternacht wird sie sich verwandeln und zu uns ans Feuer kommen, um zu erzählen. Der Zauberer  hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als ein Knall die zwei erschreckte und vor ihnen die dreizehnte Fee stand.  Sie begrüßte den Zauberer und Cicil und lud sie ein in ihrem Gespann sie mitzunehmen, zu der Festwiese wo sie ja allen berichten mußte, was sie in ihrem Land auf dem Bild so getrieben habe.  Sie sagte: Bin schon 400 Jahre in diesem Bild gefangen und habe mich daran  gewöhnt ein gutes Leben zu führen und hinter meinem Schloss auf dem Bild habe ich mein eigenes Feenland, welches ich nicht mehr verlassen möchte. Ihr könnt mich aber immer gerne besuchen, wenn Licht brennt, bin ich zu Hause und klopft nur an die Tür, ich werde dies schon hören und euch öffnen. Sprachs und verschwand gleich wieder mit dem Mondscheinfaltergespann in ihrem Bild.

Solltest du einmal einen kleinen Lichtschein auf einem Gebäude auf einem Bild sehen, so wohnt bestimmt die kleine dreizehnte Fee darin.