Kennst
du die Tage, an denen es regnet und regnet von morgens bis zum
Abend und man kann einfach nichts Gescheites draußen
anfangen, ohne Gefahr zu laufen, durch und durch nass zu werden?
Die Feen können dann nicht mehr richtig fliegen, weil ihre
Flügel schwerer und schwerer vom Regen werden und selbst
Trolle und Schrate sind es leid, immer hinzufallen, weil sie auf
dem schlüpfrigen Waldboden ständig ausrutschen. So
versammeln sich alle bei solchem Wetter am liebsten in dem alten
verlassenen Fuchsbau neben dem umgestürzten Baum gleich bei
dem oberen Weg, der am Meer entlangführt. Dort plaudern sie
ein wenig, spielen Feenspiele oder singen etwas gemeinsam. Das
Singen ärgert die Trolle zwar ungemein, aber da Feen fast
nichts lieber tun als singen, kümmern sie sich nicht weiter
darum und stimmten gerade das Lied „Evorim
tal ifsor“
(Flieg
mit mir ins Blumenland) an, als Saron den Fuchsbau, der wie eine
Erdhalle aussah, betrat.
Alle
verstummten, denn sehr selten kommt der Zauberer zu Besuch, und
eine Birkenfee sprach leise aus, was alle in diesem Moment
dachten: „Saron, erzählst du uns bitte eine
Geschichte? Du warst doch schon so oft bei den Menschen, erzähle
uns von ihnen!“ Denn darin sind die Feen den Menschen sehr
ähnlich: sie schätzen die Menschen und ihre
Lebensweise zwar sehr wenig, hören aber gerne von ihnen,
genauso wie die meisten Geschichten der Menschen von Dingen
handeln,
die sie selbst nicht gerne erleben würden. Es war ganz
still in der Höhle geworden, einige Kerzen flackerten, die
Feen kuschelten sich aneinander und selbst der kleine dicke
Waldschrat am Boden legte sein Köpfchen gegen ein
Feenbein.
Saron nahm seinen dunklen Mantel und breitete
ihn so auf den Boden, dass das blaue Innenfutter mit den
silbernen Sternen zu sehen war und setzte sich darauf. Dann
begann er seine Geschichte: „Erinnert ihr euch noch an
den Winter, der niemals enden wollte? Alles Holz war längst
verheizt und selbst der allerletzte Rest von Bienenwachs war in
den Kerzen verbrannt und Dunkelheit breitete sich aus im
Feenland. Zwar kann man sich gegen die Kälte mit Decken
schützen, gegen den Hunger mit Vorräten, aber ohne
Licht zu sein an dunklen Wintertagen ist schon sehr schlimm.
Damals kam Elfenkind zu mir und bat mich, euch zu helfen und
Bienenwachs von den Menschen zu holen. So ging ich durch den
Wald, über den Lachsbach hinaus und kam schließlich
in die große Stadt, in der die Menschen leben. Sie
bemerkten mich kaum, waren sie doch sehr damit beschäftigt,
zu kaufen und verkaufen, und auf meine Frage, ob sie etwas
Bienenwachs entbehren könnten, antworteten sie, das sei
infolge des allgemeinen Mangels in diesem Jahr besonders teuer
und sie forderten eine hohe Summe Geldes, die ich nicht besaß.“
- „Gemein sind sie, die Menschen!“ ,warf eine
Brombeerfee ein, „und sehr habgierig!“ - „Nicht
alle“ ,entgegnete Saron, „aber wo ich auch fragte,
ich bekam stets eine ablehnende Antwort. Dazu begann es zu
schneien und war bitterkalt. Ich hatte nichts erreicht und
kehrte ein wenig missmutig in ein Gasthaus ein, in dem viele
Menschen lachten, sangen und tranken. Die Tische waren voll
besetzt, nur an einem war noch ein Platz frei. An ihm saß
ein Mädchen ganz allein und auf meine Frage, ob ich mich zu
ihm setzen dürfe, bejahte es freundlich. Ich bestellte von
den wenigen Münzen, die ich aus der Tiefe meines Mantels
kramte, einen heißen Tee und versank in meinen trüben
Gedanken, ohne Wachs zurückkehren zu müssen, denn wie
sollte man etwas ohne Geld kaufen? Da bemerkte ich, dass
mich das Mädchen ansah. Ihr Blick berührte etwas
tief in meinem Herzen, Missmut und Enttäuschung schwanden,
und plötzlich wusste ich, was zu tun war; ich stand auf,
nahm meinen Zauberstab aus dem Mantel und rief in den Saal
hinein: „Seht her, ihr Leute, das ist mein Zauberstab.
Er verleiht demjenigen große Kräfte, der damit
umzugehen versteht. Wer ihn von euch besitzen möchte,
bringe mir die größte Menge Bienenwachs, die er
aufzutreiben vermag. “
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