Mileas
Reise ins Land der Elfen
In
einem abgelegenen Waldstück, irgendwo auf dieser Welt,
steht ein verwunschenes Haus. Die Menschen in dem nahen Dorf
fürchten es, denn wie die Alten zu berichten wissen, soll
dort vor langer Zeit ein Mädchen von unbeschreiblicher
Schönheit gelebt haben. Die Menschen in dem Dorf sprechen
noch heute von ihrem goldenen Haar. Nach dem Tod ihrer Eltern,
sei sie einfach verschwunden und seitdem hörte man
merkwürdige Geräusche und manchmal glockenhelles
Lachen in dem Haus.
Die
Dorfbewohner munkeln, sie sei die Tochter eines
Elfenkönigs gewesen, der in vergangenen Zeiten einmal im
Jahr sein Reich verließ um sich unter die
Sterblichen zu mischen. Eines Tage jedoch , so besagt die
Legende, verliebte er sich in eine Sterbliche und weil die Liebe
so groß war, wollte er sie zur Frau nehmen. Im jenem Jahr
blieb er eine ganze Woche in der Menschenwelt und am
siebenten Tag willigte sie ein.
Zurück
im Reich der Elfen, wurde für das Paar ein großes
Fest gegeben, das drei Tage und drei Nächte
andauerte. Alle Elfen waren erschienen, um ihren
König und seine Frau hochleben zu lassen. Nur die Trolle
kamen nicht. Als sie davon erfuhren , wurden sie unglaublich
wütend, denn der König hatte gegen das höchste
Gesetz verstoßen; Elfen und Trollen war es untersagt, ein
sterbliches Wesen zu heiraten. Der König aber scherte sich
nicht um den Einwand der Trolle, Er wollte mit seiner
Frau, die er von Herzen liebte, im Elfenreich bleiben.
So
lebten sie glücklich und zufrieden und nach einem Jahr
gebar die Elfenkönigin ein Kind. Es war ein Mädchen
und sie nannten es Milea.
Die
Trolle aber, brüteten unterdessen einen bösen Plan
aus. Sie wollten die sterbliche Königin nicht in ihrem
Reich dulden und entführten sie nach der Geburt ihrer
Tochter.
Sie
brachten sie an einen geheimen Ort und versiegelten ihn mit
ihrer stärksten Magie. Die Königin fiel in einen
tiefen Schlaf, denn die Trolle wagten es nicht, sie zu töten.
Als
der König von dem Verschwinden seiner Frau erfuhr, ließ
er alle Trolle unter Arrest stellen und einer nach dem anderen
wurde befragt. Die Trolle aber blieben stumm. Da wurde der
König sehr wütend und verbannte sie aus dem
Elfenreich.
Seitdem
leben sie in dunklen Höhlen, tief unter der Erde. Sie
können nur bei Nacht hinaus, denn die Sonne, die einst alle
Elfen und Trolle schützend mit ihrem Licht umgab, würde
sie nun auf der Stelle verbrennen. So mächtig war der Fluch
des Elfenkönigs.
Nach
all dem hatte der König Angst um seine Tochter und
eines Nachts verließ er mit ihr sein Reich und gab sie
schweren Herzens zu den Menschen. Er brachte sie zu einem
kinderlosen Paar, welches gelobte sich immer fürsorglich um
das Kind zu kümmern.
Voll
Kummer zog er aus, seine Frau zu suchen. Er durchstreifte
die abgelegensten Winkel seines Reiches und ein Jahrhundert
verging, doch er fand sie nie wieder.
Milea
wuchs indes bei Pflegeeltern auf und wurde von Tag zu Tag
schöner. Sie lebte ein unbeschwertes und glückliches
Leben. Nun kam der Tag, an dem sie ihr siebzehntes
Lebensjahr erreichte. Ihre Pflegeeltern waren alt geworden und
ihr Pflegevater rief sie zu sich.
„Milea“
sprach er,“ ich muß dir ein Geheimnis verraten. Wir
sind alt und wir werden bald sterben, und deshalb will ich dir
heute die Wahrheit sagen.“
Und
so erzählte er ihr die ganze Geschichte. Als er geendet
hatte, gab er ihr einen goldenen Ring. „Dieser Ring ist
von deinem Vater, dem Elfenkönig. Bewahre ihn gut, und
solltest du ihm eines Tages begegnen, erinnere dich daran.
Bald
darauf starb er und nicht lange danach folgte ihm seine Frau.
Milea mußte sich nun ganz allein zurechtfinden. Sie war
voll Kummer und Schmerz über den Verlust, und sie vermißte
ihre Pflegeeltern sehr.
Doch
als der nächste Sommer kam, verging auch die Trauer.
Eines
Tages dann, die Sonne schien durch den blütenschweren Wald,
machte sie sich auf, den Elfenkönig zu finden. Sie
packte Brot und Wasser in ihr Bündel und auch ein paar
andere Habseligkeiten. Alles andere blieb zurück. Sie
nahm Abschied von ihrem Haus und ging ein letztes Mal ans
Grab ihrer Pflegeeltern, um Lebewohl zu sagen.
Auf
ihrem Weg kam sie an einen Fluß vorbei, der mächtig
über die Ufer getreten war und laut sprudelte. „
Lieber Fluß, ich bin auf der Suche nach dem Elfenkönig,
hast du ihn gesehen?“
Aber
der Fluß gurgelte bloß und rauschte an ihr vorbei.
Nach einer Weile kam sie an einen Wald und nachdem sie ein Stück
hineingegangen war, sprach sie: „Liebe Bäume, habt
ihr den Elfenkönig gesehen, ich bin seine Tochter und suche
nach ihm?“ Aber die Bäume waren alt und müde.
Sie raschelten mit ihren Blättern, aber Milea konnte sie
nicht verstehen.
So
ging es eine ganze Weile und als es Abend wurde ,wußte
Milea nicht mehr weiter. Erschöpft von der langen Reise,
legte sie sich zum schlafen auf weiches Moos und
Blätterwerk. Sie schlief sofort tief und fest.
Als
der Mond hoch am Himmel stand, raschelte es plötzlich in
den Zweigen und ein junger Elf spähte vorsichtig aus dem
Dickicht und sah das schlafende Mädchen an. Er hatte noch
nie einen Menschen gesehen und schaute fasziniert von allen
Seiten auf sie herab.
Als
ihm das zu langweilig wurde, denn Elfen langweilen sich schnell
in der Welt der Sterblichen, zog er ihr an den Haaren. Als sie
davon nicht erwachte, versuchte er es noch einmal.
Diesmal
hatte er Glück. Milea rieb sich verschlafen die Augen und
sah in die Dunkelheit. Der Elf aber hatte sich unterdessen
hinter einem Baum versteckt, denn er durfte sich den Menschen
eigentlich nicht zeigen.
Milea
hatte von einem wunderschönen Land geträumt und als
sie nun sah, daß sie immer noch im Wald war, wurde sie
ganz traurig und fing bitterlich an zu weinen.
Als
ihre Tränen aber den Boden berührten, wurden sie zu
wunderschönen Blumen, und als der Elf das sah, wollte er
unbedingt eine davon haben. Als er hinter dem Baum hervor trat,
erschrak Milea.
Der
junge Elf aber sprach zu ihr und seine Stimme war schöner
als die Sonne, klarer als alle Flüsse und ein Leuchten ging
von ihm aus, so daß ihr ganz schwindelig wurde. Er sprach:
„Wenn deine Tränen Blumen werden, dann bist du kein
Mensch, doch wie eine Elfe siehst du auch nicht aus. Also was
bist du?“
Milea
sah erst ihn und dann die Blumen an, die silbern im Mondlicht
schimmerten. Sie hob eine davon auf und reichte sie dem Elf.
„Ich bin Milea, die Tochter des Elfenkönigs, meine
Mutter war eine Sterbliche. Ich bin auf dem Weg, meinen Vater zu
finden.
Der
Elf riß erstaunt die Augen auf und schaute sie ungläubig
an. „Wie kann das sein,“ fragte er“. In meiner
Welt gibt es eine Legende, die von dir berichtet. Wenn du
wirklich Milea bist mußt du mit mir kommen. Ich bin
Sorell, Sohn des Garawen und Hüter des Waldes.“ Er
reichte ihr seine Hand. Verwundert und überrascht legte sie
die ihre hinein und ein Gefühl wunderbarer Freude ergriff
sie. Obwohl Milea zu einem Teil Elfe war, hatte sie doch keine
Flügel und so mußten sie sich zu Fuß auf
den Weg machen.
Nachdem
sie eine Weile schweigend nebeneinander her gegangen waren,
wollte Milea fragen, wohin er sie führte. Als hätte
Sorell ihre Gedanken erraten, bedeutete er ihr still zu sein. Er
blieb stehen und wandte sich nach rechts. Milea folgte seinem
Blick und nicht weit vor ihnen konnte sie einen Weiher erkennen.
Seine spiegelglatte Oberfläche glitzerte im Mondschein und
weiße Dunstschleier kräuselten sich an seinen
Rändern.
Sorell
flüsterte Worte in einer Sprache, die Milea nicht verstand,
und wie von Geisterhand geführt kam Bewegung in den Nebel.
Er wurde dichter und höher, bog sich erst in die eine
Richtung und dann in die andere. Ein Leuchten und Pulsieren ging
von ihm aus.
Das
Leuchten wurde heller und heller und es schien als würde in
seinem Innern etwas explodieren, doch es war kein Laut zu hören,
und dann war es vorbei. Vor ihnen war ein Tor entstanden, ein
Tor aus Nebelschwaden, das in sich vibrierte, als würde es
leben.
„Komm“
sagte Sorell: „ Wir müssen hindurch gehen.“
Einen Moment lang war es Milea, als würde eine kalte Hand
nach ihrem Herz greifen, doch als Sorell ihr in die Augen sah,
verschwand das Gefühl.
Im
nächsten Augenblick waren sie durch das Tor getreten und
befanden sich an einem Ort, der Milea die Sprache verschlug.
Obwohl
es gerade noch Nacht gewesen war, schien hier die Sonne und als
Mileas Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, sah sie sich
um und erblickte Bäume mit goldenen Blättern.
Unbekannte Vögel mit prächtigem Gefieder saßen
auf ihren Ästen. Ein paar hoben ihre Flügel und flogen
davon. Wie aus dem Nichts erschien eine in leuchtende Seide
gehüllte Elfe. Ihr Haar war schneeweiß und bodenlang.
Sie
sah Milea aus tiefen, undurchdringbaren Augen an. Milea hatte
das Gefühl in jahrhundertealte Seen zu blicken und es war
ihr, als müßte sie in ihnen ertrinken. Doch dann
lächelte die Elfe, sie streckte ihre zarte Hand Milea
entgegen und sprach: „ Mein Name ist Arahwen, zweite
Schwester des Königs, Seherin des Elfenlandes. Komm, ich
bringe dich zu ihm, denn er wünscht dich zu sehen.“
Verzagt
schaute Milea die schöne Frau an und sah sich dann nach
Sorell um. Als hätte Arahwen ihre Gedanken gelesen, sprach
sie:“ Sorell kann dich begleiten, wenn du möchtest.“
Und
so gingen sie zu dritt durch das wundersame Land und Milea sah
sich mit großen Augen um. Sie kamen an einem herrlichen
Wasserfall vorbei und es war ihr, als würde er singen. Sie
gingen über grüne Wiesen, die schöner waren
als alles, was sie jemals gesehen hatte. Ein Meer aus Blumen
umgab sie und die Luft war erfüllt von ihrem lieblichen
Duft. Der Wind in den Bäumen strich ihr angenehm über
die Haut und im Rauschen der Blätter meinte sie ein
Flüstern zu hören. Die Bäume sprachen zu ihr und
als sie genauer lauschte, vernahm sie einzelne Worte.
„Königstochter....so
schön...sie ist gekommen....der König...sie ist da.“
Entzückt und ein bißchen verwirrt nahm Milea dies
alles zur Kenntnis, während sie immer tiefer in den Wald
gingen.
Sie
waren lange Zeit unterwegs und der Wald wurde immer dunkler und
Äste und Sträucher immer dichter. Dort aber wo Arahwen
ging, teilten sich die Büsche und gaben einen Weg frei.
Erst
noch schmal und eher ein Trampelpfad wurde er mit der Zeit immer
breiter und besser begehbar. War es am Anfang noch dunkel, so
wurde es immer heller und die Sonnenstrahlen fielen wie
flüssiges Gold durch die Baumwipfel.
Und
dann war es soweit. Sie betraten eine große Lichtung, die
vom Licht nur so umspült wurde. Alles sah verzaubert aus,
die Luft vibrierte und es roch nach Blütenstaub und
unbekannten Gewürzen.
Es
herrschte ein reges Treiben und alles schien vor Lebendigkeit zu
beben. Elfen tummelten sich in den Bäumen oder im Gras und
überall konnte Milea ihr glockenhelles Lachen vernehmen. In
der Mitte der Lichtung stand ein wundersamer Turm. Er schien
eher in der Luft zu schweben und eine gewundene Treppe führte
hinauf.
Arahwen
sprach:“ Nun mußt du den Rest des Weges alleine
gehen. Steige die Treppe hinauf und sprich die magischen Worte,
dann wird dir Einlaß gewährt.“
Milea
sah Sorell verzweifelt an, denn sie wußte nicht von
welchen Worten Arahwen sprach. Sorell aber senkte den Blick und
ließ ihre Hand los. „ Ich kann dir nicht helfen, du
mußt in deinem Herzen nach der Antwort suchen.“
Milea
straffte ihre Schultern und ging mutig auf die Treppe zu. Als
sie noch einmal zurücksah, waren Arahwen und Sorell
verschwunden. Stufe für Stufe erklomm sie die steile
Treppe, um sie herum war es merklich still geworden. Kein
Lufthauch bewegte sich mehr , die Welt schien den Atem
anzuhalten, und sie war ganz allein. Hier und dort konnte sie
einen Blick auf die umliegende Landschaft werfen, denn sie
bewegte sich mittlerweile über der Baumkronengrenze und das
Ende des Turms schien fern zu sein. Am Boden hatte der Elfenturm
nicht so hoch ausgesehen, aber während sie ging
,schienen sich seine Maße ständig zu verändern.
Milea
kam es vor, als sei sie stundenlang gelaufen und als die Sonne
am Horizont versank, setzte sie sich müde und hungrig auf
die Stufen. Sie wußte nicht weiter.
Hier
gab es keine Türen , keine Abzweigungen, und es ging immer
noch höher hinauf. Erschöpft schloß sie die
Augen und gedankenverloren spielte sie mit ihrem Ring, den sie
seit dem Tod ihrer Pflegeeltern immer an ihrer Hand trug. Ihr
war so, als müßte sie sich an etwas Wichtiges
erinnern aber es wollte ihr nicht einfallen und während sie
noch nachdachte, schlief sie ein.
Sie
träumte von dem Leben am Waldrand, von ihren Pflegeeltern
und davon, wie glücklich sie gewesen waren. Sie träumte
von ihrem Pflegevater und wie traurig sie sich gefühlt
hatte, als er sie kurz vor seinem Tod zu sich bat um ihr die
Wahrheit über ihre Herkunft zu sagen.
In
diesem Moment schreckte Milea auf. Was hatte er ihr gesagt? „
Dies ist der Ring deines Vaters, des Elfenkönigs. Solltest
du ihn finden, erinnere dich daran.“ Aufgeregt zog sie den
Ring von ihrem Finger und sah ihn genauer an.
Aber
es war so dunkel, daß sie nichts erkennen konnte. Sie sah
sich um, aber nirgendwo schien Licht zu sein . Wie sollte sie
herausfinden, was mit dem Ring war, wenn sie nicht genug sehen
konnte? Vor Verzweiflung liefen ihr Tränen über das
Gesicht und wie schon im Wald wurden sie zu silbern leuchtenden
Blumen. Plötzlich war alles von einem weichen Schimmer
umgeben.
Milea
nahm den Ring und hielt ihn neben eine Blume und wirklich, im
fahlen Licht konnte sie Buchstaben erkennen. Es waren Worte in
der Elfensprache. Sie las:“ Insuminen Heraulo demersol
aurom Milea.
Sie
hatte die Worte kaum ausgesprochen, da öffnete sich hinter
ihr ein Tor, wo vorher keines war. Milea wich erschrocken
zurück.
Eine
Stimme sprach:“ Milea, Tochter des Königs, Hüterin
des Elfenringes, tritt ein.“
Vor
ihr stand ein hochgewachsener Elf in einer schimmernden Rüstung.
Er
sah Milea abwartend an und als sie sich nicht rührte,
sprach er noch einmal:“ Komm, folge mir.“
Da
erhob sich Milea und schritt hinter ihm durch das Tor. Milea
stand in einem langen Gang, dessen Wände schienen ein
Eigenleben zu führen, denn bei jedem Schritt veränderte
sich ihre Form. Milea war es, als würde sie durch Wolken
gehen, doch als sie mit ihrer Hand die Wand berührte, war
diese erstaunlich fest.
Auch
schimmerten kleine Lichtpunkte darin, sie sahen aus wie Sterne,
die mal heller und dann wieder schwächer leuchteten.
Nie
zuvor hatte Milea etwas dieser Art gesehen und obwohl ihr das
alles fremd war, hatte sie dennoch keine Angst. Im Gegenteil, je
tiefer sie hinein schritt um so ruhiger wurde sie.
Es
war ihr, als wollte der Ort sie begrüßen, so als
würde sie ganz selbstverständlich hierher
gehören.
Plötzlich
empfand sie unsagbare Freude. Milea beschleunigte ihren Schritt,
nun konnte sie gar nicht schnell genug ans Ziel kommen.
Der
Elf, der sie am Tor in Empfang genommen hatte, blieb immer an
ihrer Seite. Er sprach kein Wort. Das war auch gar nicht nötig,
denn Milea konnte in ihrem Herzen fühlen, in welche
Richtung sie gehen mußte. Ganz automatisch wendete sie
sich nach rechts . Nach einigen Metern gabelte sich der Weg und
ohne zu überlegen trat sie in den linken Gang.
Hier
war das Licht viel heller, die kleinen Sterne schienen
regelrecht zu glühen. Auch veränderte sich die
Umgebung. Der Gang wurde breiter und in regelmäßigen
Abständen standen links und rechts Säulen an den
Wänden.
Sie
waren wunderschön verziert. Milea konnte Blumen und
Rankenmuster aber auch kleine Vögel und Landschaften
erkennen.
Auf
dem Fußboden sah sie unbekannte geometrische Formen und
Schriftzeichen, die gold und silbern glänzten.
Nachdem
sie einige Zeit gegangen waren, gabelte sich der Weg erneut und
diesmal entschied Milea sich für den rechten Gang.
Schon
von Weitem konnte sie ein riesiges Tor erkennen. Noch einmal
beschleunigte sie ihre Schritte und dann war sie am Ziel. Sie
stand vor einem zweiflügligen Tor, das so hoch war, daß
sie den Kopf in den Nacken legen mußte um sein Ende zu
sehen.
Das
Tor war aus massivem Holz gefertigt und trotzdem waren seine
Verzierungen wunderschön und filigran gearbeitet.
Der
Elfenkrieger, der sie die ganze Zeit über begleitet hatte
ging an ihr vorbei und klopfte 3 Mal kräftig an das Tor.
Von der Innenseite konnte Milea leise Schritte hören, und
dann wurde ihnen geöffnet. Wieder sah sie einen Elf und
auch er schien ein Krieger zu sein. Seine Rüstung
allerdings war feiner geschnitten und er trug einen Mantel aus
wunderschöner, weißer Seide.
Mit
einer Geste, die fast einer Verbeugung gleichkam, gebot er ihr
einzutreten. Hinter Milea schloß er das Tor . Der Elf der
sie begleitet hatte blieb vor der Tür zurück. Milea
sah sich um und ihre Augen wurden groß. Sie befand sich in
einer riesigen Halle. Wie auch schon in den Gängen schienen
die Wände nicht aus festem Material zu sein, nur daß
hier die Lichter intensiver leuchteten. Als sie den Kopf hob,
konnte sie keine Decke erkennen. Über ihr war nichts, außer
dem Sternenhimmel in all seiner Pracht. Tausende Sterne
tauchten die Halle in weiches Licht. Milea war es, als würde
sie durch einen Traum gehen.
Der
Boden war mit herrlichem, saftigen Gras bewachsen und über
und über mit Blumen bedeckt, die ihren betörenden Duft
verbreiteten.
Milea
konnte sich von diesem überwältigenden Anblick kaum
losreißen, und erst als der Elf sie leicht an der Schulter
berührte wand sie den Blick ab und sah in die Richtung, in
die er wies. In einiger Entfernung stand ein Thron und auf ihm
saß eine imposante Gestalt.
Als
Milea näher kam, erkannte sie, daß sie ganz in weiß
gekleidet war. Auf dem Gewand konnte Milea silberne Stickereien
erkennen, es waren die gleichen Muster, die sie schon an den
Wänden und dem Tor gesehen hatte. Nur waren diese noch viel
schöner.
Die
Gestalt schien von innen zu leuchten von ihr ging eine Macht
aus, die Milea noch nie gespürt hatte, und abrupt blieb sie
stehen. Der Elfenkönig aber erhob sich von seinem Thron und
ging auf Milea zu. Ihr stockte für einen Moment der Atem,
dann aber breitete der Elfenkönig seine Arme aus, und als
er lächelte, konnte Milea nicht anders. Sie lief auf ihn zu
und ließ sich in seine Arme sinken.
Ihre
Gefühle überschlugen sich, sie wußte nicht ob
sie lachen oder weinen sollte, also tat sie beides. Nach einer
Weile löste er sich sanft aus der Umarmung und sah Milea
tief in die Augen.
Es
war ihr, als blicke er auf den Grund ihrer Seele. Ein Gefühl
von vollkommenem Frieden umgab sie, denn sie sah nichts als Güte
und Wärme in seinem Gesicht.
Der
Elfenkönig nahm sie bei der Hand und führte sie in den
hinteren Teil der Halle, wo sich eine große Gruppe von
Elfen versammelt hatte.
Sie
alle schienen ausgelassener Stimmung zu sein, und von
irgendwoher erklang leise Musik. Als sie näher kamen
verstummten die Gespräche und alle Blicke wandten sich in
ihre Richtung. Mit leiser, wohlklingender Stimme stellte der
König ihr der Reihe nach die Elfen vor. Da war auch Sorell
wieder, der sie verschmitzt anlächelte und auch Arahwen
konnte sie erkennen. Es gab noch Lilean die Blumenzüchterin,
Chatal der Wächter der Flüsse und Seen, Lydena,
Romean, Salia, und viele andere.
Es
würde sicherlich einige Zeit vergehen, bis sie all diese
Namen behielt. Sie würde Wochen brauchen, um auch nur ein
paar von ihnen richtig aussprechen zu können.
Und
als sie so dastand, die Hand ihres Vaters in ihrer, wurde ihr
klar, daß sie alle Zeit dieser Welt hatte, denn sie war zu
Hause.
von
Simone
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