Texterläuterung
Petrus und Johannes gehen zur neunten Stunde (ca. 15 Uhr) zum Gebet in den Tempel. Am Tor, genannt „Schön“, sitzt ein Mann, der von Geburt an gelähmt ist. Er bittet um Almosen. Doch statt Geld geben sie ihm etwas Größeres: „Silber und Gold habe ich nicht, aber was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, steh auf und geh umher!“
Der Mann wird auf der Stelle geheilt, springt auf, geht, tanzt und lobt Gott. Das Wunder erregt Aufsehen. Viele Menschen laufen zu Petrus und Johannes, die auf der Säulenhalle Salomos stehen. Doch Petrus betont: Es war nicht ihre eigene Kraft oder Frömmigkeit, sondern der Glaube an den auferstandenen Christus, der den Mann geheilt hat.
Er erklärt den Zusammenhang: Die Hörer hätten zwar unwissentlich den „Heiligen und Gerechten“ abgelehnt, aber Gott hat ihn auferweckt. Nun ruft Petrus zur Umkehr: „Tut Buße […] damit Zeiten der Erquickung vom Angesicht des Herrn kommen.“ Er verweist auf Mose und die Propheten, die dieses Heil vorhergesagt haben. Die Predigt endet mit einem Hoffnungssatz: „Gott hat seinen Knecht Jesus gesandt, um euch zu segnen, indem er jeden von euch von seinen Bosheiten abwendet.“
Theologische Interpretation
Das Kapitel zeigt exemplarisch, was in der Kraft des auferstandenen Christus möglich ist: Heilung, Umkehr und Zeugnis. Die Heilung des Gelähmten ist nicht nur ein medizinisches Wunder, sondern ein Zeichen für die neue Schöpfung in Christus. Der Mann wird nicht nur körperlich wiederhergestellt, sondern auch sozial und geistlich integriert.
Die Predigt des Petrus deutet das Geschehen schriftgemäß und heilsgeschichtlich: Der gekreuzigte Jesus ist nicht das Ende, sondern der Anfang des Segens. Die Apostel verstehen sich nicht als Wundertäter, sondern als Werkzeuge Gottes, durch die Jesus weiterhin handelt.
Die Wendung „Zeiten der Erquickung“ verweist auf die Wirkung von Umkehr: Wer sich Gott zuwendet, empfängt inneren Frieden, Erneuerung und Hoffnung. Es ist eine Einladung zur persönlichen Entscheidung – keine Anklage, sondern ein Ruf zur Heilung.
Leitthema aus heutiger Sicht: Heilung als Wiederherstellung von Würde
Der Gelähmte ist mehr als ein Individuum mit Behinderung – er steht symbolisch für Menschen, die ausgeschlossen, übersehen oder auf Almosen reduziert werden. Die Apostel erkennen ihn nicht als Bittsteller, sondern als Gottesgeschöpf mit Hoffnung. Sie sprechen ihn an, schenken ihm Aufmerksamkeit, und bringen ihn „zum Gehen“ – körperlich und geistlich.
Ein modernes Beispiel ist die Arbeit der Organisation „Misereor“, die weltweit Projekte zur Wiederherstellung von Würde unterstützt – besonders im globalen Süden. Menschen mit Behinderung, Krankheit oder in Armut erhalten medizinische Versorgung, Bildung, seelsorgerliche Begleitung und gesellschaftliche Teilhabe. Nicht Mitleid, sondern Partnerschaft steht im Mittelpunkt – so wie bei Petrus und Johannes, die dem Gelähmten nicht Almosen geben, sondern Anteil am Leben.
Zusammenfassung
Apostelgeschichte 3 zeigt, wie die frühe Kirche nicht nur redet, sondern handelt – und zwar im Namen Jesu. Der Geheilte wird zum Symbol für das, was der Glaube bewirkt: Wiederherstellung, Freude, neues Leben. Und Petrus’ Predigt zeigt: Wer Jesus erkennt, wird gesegnet – nicht durch Leistung, sondern durch Umkehr. Auch heute werden Menschen heil – wenn andere den Mut haben, sie anzusehen und ihnen aufzurichten.