Apostelgeschichte 10 – Kein Mensch ist unrein


Texterläuterung

In Cäsarea lebt Kornelius, ein römischer Hauptmann. Obwohl Heide, betet er regelmäßig zu Gott, gibt Almosen und sucht die Wahrheit. Eines Tages hat er eine Vision: Ein Engel befiehlt ihm, den Apostel Petrus holen zu lassen. Gleichzeitig hat Petrus in Joppe eine eigene Vision: Ein Tuch mit unreinen Tieren wird vom Himmel gesenkt, und eine Stimme fordert ihn auf: „Schlachte und iss!“ Petrus weigert sich, doch die Stimme antwortet: „Was Gott gereinigt hat, das nenne du nicht unrein.“

Während Petrus über die Bedeutung nachdenkt, kommen schon die Boten des Kornelius an. Petrus folgt ihnen, betritt das Haus des Heiden (ein Tabubruch für fromme Juden) und verkündet dort das Evangelium. Noch während er spricht, fällt der Heilige Geist auf Kornelius und alle, die zuhören. Sie sprechen in fremden Sprachen und loben Gott – ein zweites Pfingsten, diesmal unter den Heiden.

Petrus erkennt, dass Gott keine Unterschiede macht: „Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht.“ Er lässt die neuen Gläubigen taufen.

Theologische Interpretation

Kapitel 10 markiert einen tiefen Wendepunkt in der Apostelgeschichte: Das Evangelium überschreitet erstmals bewusst die ethnisch-religiöse Grenze zwischen Juden und Nichtjuden. Kornelius ist kein Proselyt, sondern ein römischer Soldat – dennoch begegnet Gott ihm direkt. Das zeigt: Die Gnade Gottes ist nicht an Abstammung oder Gesetz gebunden, sondern an das hörende, suchende Herz.

Petrus’ Vision und sein innerer Wandel stehen im Zentrum. Der fromme Jude muss umdenken: Reinheit ist keine Frage von Speisegeboten oder Herkunft mehr – Christus hat die Trennwand niedergerissen. Die Ausgießung des Geistes auf die Heiden bestätigt Gottes Zustimmung. Die Taufe folgt, nicht als Eintrittskarte, sondern als Bestätigung des bereits geschehenen Neuanfangs. Der Glaube wird zum gemeinsamen Nenner.

Leitthema aus heutiger Sicht: Vorurteile überwinden – Gottes Weite leben

Das Kapitel ruft in Erinnerung, wie schnell wir dazu neigen, andere unbewusst auszuschließen – aus kulturellen, religiösen oder sozialen Gründen. Doch Gottes Geist weht, wo er will – und oft außerhalb unserer gewohnten Kategorien. Die Herausforderung besteht darin, Gottes Wirken nicht zu behindern, sondern mutig mitzuwachsen.

Ein aktuelles Beispiel ist die Arbeit der Organisation „House of One“ in Berlin: Ein interreligiöses Projekt, in dem Christen, Juden und Muslime gemeinsam unter einem Dach beten, begegnen und bauen. Dabei geht es nicht um Vermischung von Religionen, sondern um das gemeinsame Zeugnis von Frieden, Offenheit und gegenseitigem Respekt. Die Beteiligten lernen täglich neu, Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Einladung zur Vertiefung ihres eigenen Glaubens zu verstehen – ganz im Geist von Apostelgeschichte 10.

Zusammenfassung

Apostelgeschichte 10 lehrt: Gott sprengt unsere theologischen, kulturellen und sozialen Schubladen. Wo wir trennen, verbindet er. Der Geist Gottes macht keinen Halt vor Herkunft, Status oder Vergangenheit. Er sucht offene Herzen – wie das des Kornelius. Und er verändert feste Überzeugungen – wie die des Petrus. Kirche lebt, wo sie aufhört zu unterscheiden, was Gott bereits vereint hat.