Texterläuterung
Nach dem Schiffbruch erreichen Paulus und die 275 anderen Überlebenden die Insel Malta. Die Bewohner sind freundlich. Als Paulus Holz sammelt, beißt ihn eine Viper, doch er nimmt keinen Schaden – was die Einheimischen als Zeichen besonderer Macht deuten.
Paulus heilt den Vater des Inselvorstehers Publius und viele andere Kranke – er wird hochgeehrt, und man versorgt die Weiterreisenden großzügig. Nach drei Monaten geht die Fahrt weiter. Über Syrakus, Rhegion und Puteoli gelangt Paulus schließlich nach Rom, wo ihn Brüder freudig empfangen.
In Rom angekommen, darf Paulus unter Hausarrest wohnen – mit einem eigenen Soldaten zur Bewachung. Er lädt die führenden Juden der Stadt ein und erklärt, dass er nicht gegen das Volk gehandelt hat, sondern um der Hoffnung Israels willen in Ketten liegt.
Viele kommen und hören ihn. Er erklärt ihnen, was das Reich Gottes bedeutet, bezeugt Jesus aus dem Gesetz und den Propheten. Die Reaktionen sind gemischt: Einige glauben, andere lehnen ab.
Paulus zitiert zum Abschluss Jesaja 6 – über das Verstocken des Herzens – und erklärt: Das Heil Gottes ist zu den Heiden gesandt. Sie werden hören.
Die Apostelgeschichte endet offen, aber hoffnungsvoll: Paulus bleibt zwei Jahre in Rom, empfängt alle, die zu ihm kommen, und verkündigt das Reich Gottes frei und ungehindert.
Theologische Interpretation
Kapitel 28 ist der Zielpunkt der Missionsreise, aber nicht der Abschluss der Geschichte. Paulus ist in Rom angekommen – nicht als freier Apostel, sondern als Gefangener. Und doch: Das Evangelium ist nicht gefesselt.
Das Ende der Apostelgeschichte spiegelt die Spannung des ganzen Buches: Widerstand und Ausbreitung, Gefangenschaft und Freiheit, menschliche Begrenzung und göttliche Weite. Paulus verkündigt das Reich Gottes – nicht als politische Idee, sondern als Wirklichkeit der Gegenwart Christi.
Der Verweis auf Jesaja ist kein Zynismus, sondern Erklärung: Das Evangelium wird gehört und abgelehnt, wie schon von den Propheten angekündigt. Doch gerade die Offenheit für die Heiden zeigt: Gottes Wort geht weiter – über Grenzen, Traditionen und Enttäuschungen hinweg.
Leitthema aus heutiger Sicht: Hoffnung unter Begrenzung
Paulus lebt zwei Jahre in Hausarrest – und nutzt genau diese Situation, um Menschen zu erreichen. Das zeigt: Wirkung ist nicht an Freiheit gebunden. Auch im „Stillstand“ kann das Evangelium wachsen.
Ein aktuelles Beispiel ist Joni Eareckson Tada, die seit einem Badeunfall querschnittsgelähmt ist. Aus dieser physischen Begrenzung heraus wurde sie eine der weltweit einflussreichsten Stimmen für christlichen Glauben, Inklusion und Hoffnung. Sie gründete Hilfswerke für Menschen mit Behinderung, schrieb Bücher, hielt Vorträge – oft vom Rollstuhl aus. Wie Paulus in Rom zeigt sie: Die Botschaft Christi ist nicht durch Umstände gefesselt – sie wirkt gerade darin.
Zusammenfassung
Apostelgeschichte 28 ist kein Schluss – sondern ein Anfang. Paulus hat Rom erreicht, doch die Geschichte geht weiter: Das Evangelium ist unterwegs – frei, mutig, unbeirrbar. Auch in Begrenzung entsteht Bewegung, auch im Hausarrest wird Gemeinde gebaut. Die letzten Worte – „frei und ungehindert“ – sind Programm: Christus regiert. Und seine Zeugen gehen – bis an die Enden der Erde.