1. Texterläuterung
Kapitel 14 beginnt mit einem unerwarteten Wunsch: Simson, nun erwachsen, verliebt sich in eine Philisterin aus Timna und will sie zur Frau. Seine Eltern sind entsetzt sie hätten lieber eine Israelitin gesehen. Doch der Text sagt: Es war vom HERRN; denn er suchte einen Anlass gegen die Philister.
Die Verbindung zu den Feinden Israels dient also einem höheren Plan obwohl Simsons Motivation zunächst rein emotional ist. Auf dem Weg nach Timna begegnet Simson einem jungen Löwen, den er mit bloßen Händen zerreißt der Geist Gottes ist mit ihm. Später sieht er am selben Ort, dass sich Bienen in dem toten Löwen angesiedelt haben und isst von dem Honig ein Verstoß gegen das Nasiräer-Gelübde, das den Kontakt mit Toten verbietet.
Bei der Hochzeitsfeier in Timna gibt Simson den Philistern ein Rätsel auf: Aus dem Fresser kam Speise, und aus dem Starken kam Süßigkeit. Die Gäste können es nicht lösen und bedrohen Simsons Braut, sie solle die Lösung aus ihm herauspressen. Sie weint und drängt ihn bis er ihr das Rätsel verrät. Sie verrät es den Gästen.
Simson ist wütend über den Verrat und erschlägt 30 Männer in Aschkelon, um ihre Kleidung als Preis für das verlorene Rätsel zu zahlen. Danach verlässt er die Hochzeitsfeier und seine Frau wird einem anderen gegeben.
2. Theologische Interpretation
Richter 14 zeigt Simson als Mann voller Gegensätze: stark im Körper, aber schwach im Charakter. Gott hat ihn zum Retter berufen, und der Geist des HERRN wirkt an mehreren Stellen doch Simsons eigene Wege sind impulsiv, von Lust, Stolz und Zorn geprägt.
Das Rätsel ist symbolisch: Aus dem Fresser kam Speise ein Bild für Simson selbst. Aus seiner Kraft, seiner Wildheit, kommt Rettung. Doch sein Handeln verletzt Gottes Gebote. Besonders sein Umgang mit dem toten Löwen zeigt: Er nimmt Gottes Berufung ernst, aber seine Grenzen nicht.
Die Episode macht deutlich, dass Gott auch durch unvollkommene Menschen wirken kann nicht weil sie heilig sind, sondern weil er souverän ist. Dennoch bleibt Simsons Verhalten eine Warnung: Berufung ohne Charakter führt zu Konflikten mit Menschen und mit Gott.
3. Leitthema aus heutiger Sicht: Charisma ohne Charakter ist gefährlich
Simsons Geschichte ist aktuell: In Kirchen, Politik oder Medien begegnen uns Menschen mit Ausstrahlung, Talent, Kraft doch ohne geistliche Reife. Sie erreichen viel, aber hinterlassen oft Trümmer.
Ein passendes Beispiel ist Ted Haggard, ein einst bekannter amerikanischer Megachurch-Pastor. Er führte eine große Gemeinde, war Präsident der National Association of Evangelicals doch 2006 wurde bekannt, dass er jahrelang Drogen konsumiert und sexuelle Kontakte zu Männern unterhalten hatte, obwohl er öffentlich anders predigte. Die Enttäuschung war enorm. Sein Fall zeigt: Begabung ist kein Ersatz für Charakter. Es braucht geistliche Tiefe, um Berufung dauerhaft zu tragen.
4. Zusammenfassung
Richter 14 stellt Simson als tragische Figur vor: berufen, begabt, aber getrieben. Gott wirkt durch ihn aber nicht, weil Simson sich führt, sondern trotz seiner Impulsivität. Das Kapitel mahnt: Gottes Geist wirkt, aber der Mensch trägt Verantwortung. Wer sich rühmt, stark zu sein, soll wissen: Stärke ohne Treue führt in die Irre. Denn Gottes Werk braucht Herz, nicht nur Muskeln.