eine Geschichte von Saron |
Langsam wurde es Herbst im Feenwald: das Laub der Bäume leuchtete in den wunderschönsten Farben so, als wolle es die Wesen des Waldes vor seinem Abschied noch einmal verwöhnen. Unten am Bach, dessen kristallklares Wasser so sanft dahinplätscherte, saß eine kleine Fee. Sie zerrieb mit großer Geschicklichkeit Grashalme zu einem grünen Brei, den sie sich nach und nach in ihre Haare rieb. So bekamen diese eine wunderschöne grüne Farbe. Sie liebte es, sich die Haare zu färben: mal waren sie bräunlich, mal gab es ein paar rote oder gelbe Strähnen, mal wieder waren sie ganz dunkel. Wieder und wieder beugte sie sich über das Wasser und sah durch einige Wellen etwas verschwommen ihr Spiegelbild: das längliche, blasse Gesicht mit den Ringen an Ohr und Nase und sogar einigen an ihrer rechten Unterlippe. Das war ein glitzernder Gegensatz zu ihrer schwarzen Kleidung, die sie heute und immer öfter in letzter Zeit trug. Deswegen nannten sie alle: die kleine schwarze Fee, doch war es den anderen Feen und besonders den Feenkindern verboten, mit ihr zu reden oder gar zu spielen. Denn die kleine Fee tat Dinge, deren sich die anderen enthielten, und bei den Feen ist es wie bei den Menschen, wer etwas tut, was die anderen sich verboten haben, wird argwöhnisch beäugt. So
erbettelte sich die kleine schwarze Fee hin und wieder ihre
Nahrung und Feen und Kobolde meinten, sie solle den anderen
nicht zur Last fallen, sondern arbeiten gehen. Was aber noch
viel schlimmer war: sie hatte an einige Trolle und Gnome etwas
von ihrem Feenstaub verkauft. Und das ist ganz und gar
unmoralisch und gehört sich nicht. Schon gar nicht für
kleine Feen. An diesem Tage nun, hatten sich einige Brombeerfeen aufgemacht, um noch die allerletzten Beeren zu finden, die die Vögel übriggelassen hatten, denn der Winter ist lang und wer nicht vorsorgt, muss hungern. „Seht ihr die kleine schwarze Fee dort sitzen?“ rief eine von ihnen. „Jetzt lungert sie da herum und im Winter bettelt sie uns an. Eine Schande ist das!“ Die
kleinste der Brombeerfeen wollte gerade hinsehen und vergaß
dabei die wichtigste Regel des Feenflugs: immer zuerst auf
seinen eigenen Weg zu schauen und sich genau anzusehen, wo man
sich hinsetzt. Und während die anderen munter weiterflogen,
landete sie genau mitten in einem großen Spinnennetz. Und
so sehr sie auch strampelte und zappelte, es gelang ihr nicht,
sich aus den feinen Fäden zu befreien, im Gegenteil, sie
verstrickte sich immer tiefer darin. Manchmal schafft man es
eben nicht, aus eigener Kraft aus einer Sache
herauszukommen. |
Kläglich begann die kleine Brombeerfee zu rufen, aber es schien, als würde sie niemand hören. Doch dann endlich sah sie einen kleinen Falter angeflogen kommen und wieder begann sie leise um Hilfe zu rufen. Doch der tat, als hätte er nichts gesehen oder gehört, denn er wusste, dass so manch einer seiner Art auch schon ein Opfer des Spinnennetzes geworden war. Und die Lilienfee, die gerade etwas Blütenstaub sammelte, war viel zu vornehm, um so einer kleinen Brombeerfee zu helfen. Aber ihr Rufen und Flehen verhalte nicht ungehört.
Elfenkind
hatte, verborgen von den Bäumen des Waldes, bemerkt, wie
Falter und Lilienfee so gemein handelten und wollte gerade auf
die Wiese hinaustreten, um die Macht des Spinnennetzes zu
brechen, als sie sah, dass die kleine schwarze Fee angestrengt
lauschend den kleinen Pfad neben dem Bach entlanglief. So blieb
sie, von der Dunkelheit des Waldes geschützt, zurück
und sah mit Freude, wie sich die schwarze Fee dem Spinnennetz
näherte.
Aber
haben Herzen ein Geschlecht?
Und
einander zu helfen ist doch nichts Besonderes,
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Für ein Straßenmädchen in Flensburg. |
©2000 P.Eitner Bild1: Melanie Latz