Texterläuterung
Josua 20 führt eine besondere Einrichtung aus dem mosaischen Gesetz ein: die Zufluchtsstädte. Gott hatte durch Mose geboten (vgl. 4. Mose 35), dass in Israel bestimmte Städte bereitgestellt werden, in die ein Mensch fliehen kann, der unabsichtlich einen anderen getötet hat also nicht aus Hass oder Vorsatz.
Die Idee war: Der Täter soll vor dem Bluträcher geschützt sein, bis ein ordentliches Gerichtsverfahren stattfindet (V. 3). Das Kapitel nennt sechs solche Städte je drei auf jeder Seite des Jordans, gleichmäßig im ganzen Land verteilt (V. 78).
Ein wichtiges Prinzip dabei:
Diese Städte sollen dem ganzen Volk Israel und dem Fremdling unter ihnen zur Zuflucht dienen. (V. 9)
Diese Regelung vereint Barmherzigkeit mit Gerechtigkeit: Sie schützt den Unschuldigen vor Lynchjustiz, ohne dem Schuldigen Straffreiheit zu gewähren. Gott schafft damit einen Rechtsraum, der auf Verhältnismäßigkeit und Schutz des Lebens ausgerichtet ist.
Was ich Positives aus der Lektüre mitnehmen kann
Reales Beispiel: Nicholas Winton Zuflucht für die Kinder von Prag
Ein beeindruckendes Beispiel für praktizierte Zuflucht ist das Wirken von Sir Nicholas Winton (19092015), einem britischen Börsenmakler, der 1938 während eines Skiurlaubs beschloss, tschechisch-jüdischen Kindern aus der Tschechoslowakei zu helfen noch vor dem Einmarsch der Nazis.
In nur wenigen Monaten organisierte er Visa, Pflegefamilien und Zugtransporte nach England. 669 Kinder wurden so gerettet ihre Eltern meist später in Auschwitz ermordet. Jahrzehntelang sprach Winton kein Wort darüber, nicht einmal gegenüber seiner Frau. Erst als sie alte Unterlagen fand, kam sein stiller Heldentum ans Licht.
Winton war kein Politiker, kein Pfarrer, kein Richter aber er wurde zum Werkzeug für Schutz und Hoffnung. Wie die Zufluchtsstädte in Josua 20 stand er für ein Gerechtigkeitsempfinden, das den Schwächsten dient.
Er sagte:
Wenn etwas nicht richtig ist dann tu etwas dagegen.
Fazit:
Josua 20 zeigt, dass Gottes Gerechtigkeit immer Raum für Barmherzigkeit hat. Die Zufluchtsstädte erinnern uns daran, dass Schuld differenziert betrachtet werden muss und dass Gott Räume schafft, in denen Heilung und Schutz möglich sind. Es liegt an uns, solche Zufluchtsorte in unserer Welt sichtbar zu machen.