Lisa ist verliebt





Verliebtsein soll sich ganz toll anfühlen, dachte Lisa und ging noch etwas schneller. Ganz toll? Nein eher blöd toll oder noch besser: peinlich blöd toll, so fühlt sich das an. Genau so! Wütend hatte sie den Schulhof überquert und bog nun in den Park ein.
Warum hatte diese gemeine Ecrin das nur gemacht? Sie war ihre beste Freundin und beste Freundinnen tun so etwas nicht! Diese Verräterin!

Ecrin hatte ihr am Morgen vor der Schule einen Zettel zugesteckt, auf dem stand:
Hattest oder hast Du einen Freund? Wenn nicht, findest Du einen Jungen von unserer Schule nett? Wenn ja, wer ist es? Würdest Du gern mit ihm gehen?

Lisa waren die Fragen zu dumm gewesen, aber weil sie ehrlich zu Ecrin sein wollte - schließlich waren sie bis dahin ja beste Freundinnen gewesen -, hatte sie unter den Zettel geschrieben: Ich finde Tjorben aus deiner Klasse gut. Tjorben wohnte in ihrer Straße nur ein paar Häuser weiter, und ihr war aufgefallen,  dass er meistens freundlich und fröhlich war, aber vor allem ärgerte er nie Mädchen. Und er hatte blonde Haare wie sie und schon dreimal gelächelt, als er sie sah.

In der nächsten Pause hatte sie Ecrin den Zettel zurückgegeben und dachte, nun sei es gut mit der ganzen Fragerei, aber nichts war gut, gar nichts, überhaupt gar nichts! Lisa stampfte wütend mit dem Fuß auf.

Als sie sich in der großen Pause zu Ecrins Klasse aufmachte, um mit ihr auf den Schulhof zu gehen, grinsten einige Schüler sie frech an, andere tuschelten miteinander und sahen zu ihr herüber. Einer sagte: “Da kommt die Verliebte. Na, wo ist dann dein süßer Tjorben?“ Und dann – oh, wie peinlich – war Lisa ganz rot geworden und hätte sich am liebsten ins nächste Mauseloch verkrochen. Aber es wurde noch schlimmer, als sie in Ecrins Klasse trat und sah, dass an der Wandtafel mit riesiger Schrift „Lisa is in Tjorben valibt“ stand. Nicht mal richtig schreiben können die, dachte Lisa und rannte, so schnell sie nur konnte, auf den Schulhof zu den Bäumen und setzte sich so, dass sie niemand sehen konnte, wie sie dachte.

Aber Ecrin hatte sie doch gesehen und kam auf sie zu, um ihr etwas zu erklären. Lisa wollte keine Erklärungen hören und hielt sich die Ohren zu. „Verrätern höre ich nicht zu !“, hatte sie laut und deutlich gerufen, aber Ecrin hatte nicht aufgehört zu beteuern, dass sie den Zettel versehentlich auf ihrem Tisch liegen gelassen hatte. Dann hatten ihn die Jungen, die in der Klasse Pausenaufsicht machten, gefunden und einfach gelesen. Es tue ihr sehr leid, sie habe das nicht gewollt, schluchzte Ecrin und Lisa hatte gebrüllt, dass es ihr auch leid tue, eine solche Verräterin als Freundin gehabt zu haben.
Sie war dann wieder in die Klasse gegangen. Es schien, als würde der Unterricht an diesem Tag überhaupt nicht enden. Und als sie endlich auf dem Heimweg war, hüpfte sie nicht auf dem Plattenweg im Park wie sonst. Sie fühlte sich schwer wie ein nasser Sack und alles war nur peinlich. Am besten wäre es, nie mehr zur Schule zu gehen, dachte sie.

Als sie in die Straße einbog, in der sie wohnte, hörte sie plötzlich hinter sich:
„He, Lisa, renn´ doch nicht so!“ - Wie vom Donner gerührt blieb Lisa stehen und sah sich um. Tjorben! Das durfte nicht wahr sein, sie fühlte, wie sie wieder rot wurde.
„Was willst du denn?“, fragte sie etwas unfreundlicher als beabsichtigt. Irgendwie war ihre Stimme nicht in Ordnung. Tjorben kam schnell näher und ging neben Lisa her. „Ich wollte mal fragen, ob ich mit zum Floorball kommen kann, du gehst da doch immer dienstags hin, oder?“
Der spricht ja ganz normal, dachte Lisa, so, als wenn er von nichts eine Ahnung hätte. Das kann gar nicht sein, alle wissen doch, was da heute an der Tafel gestanden hat, alle, aber Tjorben fuhr fort: „Wie ist es da eigentlich so?“

Und dann begann Lisa zu erzählen, was sie da machten, wer alles dazugehörte und gegen wen sie schon mal gewonnen hatten. Erst war ihre Stimme noch etwas belegt, aber dann ging es immer besser und bald sprudelte nur so aus ihr heraus, was Herr Strackerjahn, der Sportlehrer, alles aus der früher so lahmen Floorballtruppe gemacht hatte.

Schade eigentlich, dass wir schon vor unserem Haus angekommen sind, dachte Lisa und laut sagte sie: „Dann bis bald, Tjorben, wir sehen uns!“ - „Tschüß, spätestens am nächsten Dienstag, Lisa. Gehen wir zusammen hin? Darf ich Dich abholen?“, rief Tjorben und gab Lisa einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Lisa spürte, dass sie schon wieder rot wurde. „Gerne, wenn Du willst, dann bis Dienstag“, brachte sie noch hervor, dann lief sie schnell über den Gartenweg zum Hauseingang, damit Tjorben nicht hören konnte, wie laut ihr Herz schlug.
Sie schloss die Haustür auf und rannte zum Telefon. Unbedingt musste sie ihrer Freundin erzählen, was gerade passiert war. Ecrin würde es ihr nie glauben, dass sie eine Verabredung mit einem Jungen aus ihrer Klasse hat. Und niemand in ihrer eigenen Klasse hatte einen Jungen zum Freund, der fast zwei Jahre älter war.
Lisa war ganz leicht und fröhlich zumute, als sie Ecrins Nummer zu wählen begann.

Eine Geschichte von ©P.Eitner


Copyright © P. Eitner