Corinne
war
schon lange nicht mehr bei ihrem Freund, dem Zauberer, gewesen.
Doch eine Frage brannte in ihrem Herzen so sehr, dass sie sich
aufmachte, den langen, dunklen Wald durchwanderte und vor dem
Haus des Einsamen stehen blieb. Er stand im
Garten
und
begoss gerade seine Blumen. Die einen mehr, die anderen weniger,
wie eine jede es benötigte. Einige riss er aus, weil sie
verblüht waren.
Als
er Corinne sah, freute er sich und sagte:"Schön, dass
du kommst, Corinne. Du willst mich fragen, was aus der Treue
wird, wenn einer der Liebenden sie einseitig aufkündigt." "Woher
kennst du meine Frage?" antwortete Corinne erstaunt. "Weil
ich ein Zauberer
bin",
sagte er. Corinne hob erstaunt die Augenbraue und begann: "Also
nehmen wir einmal an, DU wärest so treu, wie du gesagt hast,
aber ICH hätte eines Tages kein Gefallen mehr an deiner
Freundschaft. Ich käme zu dir und würde dir sagen, dass
ich andere Freunde gefunden habe, die mir mehr zu geben haben als
du!" "Das würdest du nicht tun, Corinne."
- "Warum?" - "Weil ich dich kenne!" - "Aber
es kann doch sein, dass ich mich von meiner Abhängigkeit zu
dir befreien will.", meinte Corinne. "Wozu?"
fragte der Zauberer, "Du gerätst dann nur in eine neue
Abhängigkeit
zu
jemand anderem, zu Theorien, zu Meinungen, zu dir selbst. Wir
sind immer von irgendetwas oder irgendwem abhängig."
"Aber
wenn ich dich doch, aus welchem Grunde auch immer, nicht mehr
liebhaben würde, was wäre dann mit DEINER Treue, mit
DEINER Liebe?"
Das Mädchen blieb hartnäckig.
"Dann",
sagte der Zauberer und sah sie liebevoll an, "würde
sich meine „Liebe
für
immer"
in "Trauer für immer" verwandeln. Denn das Wesen
der wahren Liebe, der man das Ziel nimmt, ist Trauer. Trauer ist
ein Teil der Liebe, eine andere Art vielleicht.“
"Ich
mag dich sehr", beeilte Corinne sich zu sagen. "Ich
weiß", erwiderte der Zauberer.
Corinne
aber lief lächelnd in die Welt ihrer Abhängigkeiten
zurück.
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